72 Stunden und künstliche Intelligenz mit „Wau“-Faktor

Bislang verborgene Kenntnisse aus Daten gewinnen: Das versprechen die Technologien von Leftshift One. Den Beweis dafür ist der österreichische Pionier für künstliche Intelligenz aktuell angetreten: Im Zuge eines „Hackathon“ hat das Hightechunternehmen gleich vier Fallbeispiele gelöst – und damit Automatisierung neu gedacht.

„Künstliche Intelligenz ist keine Raketenwissenschaft“, sagt Patrick Ratheiser. Der Geschäftsführer des österreichischen Hightechunternehmens Leftshift One spricht damit ein Stück weit gegen das eigene Kerngeschäft. Er räumt aber auch mit Vorurteilen auf, die der Technologie angelastet werden. „Strukturierte Daten sind für den Einsatz von KI von Vorteil, aber nicht immer zwingend notwendig. Genauso sind auch langwierige Transformationsprozesse nicht unbedingt erforderlich“, sagt der Experte. Das Gegenteil sei der Fall. Den Beweis ist Leftshift One selbst angetreten: Im Zuge der größten europäischen Konferenz für künstliche Intelligenz, der AAIC, hat das Unternehmen – mit Sitzen in München und Graz, Österreich – gemeinsam mit dem 110.000-köpfigen französischen IT-Dienstleister Atos einen „Hackathon“ ausgerichtet. Die Zielsetzung: In nur 72 Stunden vier komplexe Themenstellungen auf Basis von KI neu denken und lösen. Die nach nur drei Tagen präsentierten Lösungen sorgten bei den 3.000 internationalen Fachzusehern für Staunen – und einen „Wau“-Faktor. Im wahrsten Sinne des Wortspiels: So wurde für das Start-up Aniveri, das sich auf die Analyse von Mangelerscheinungen bei Haustieren spezialisiert hat, der Prozess gänzlich automatisiert. Während bislang jeder Laboranalyse händisch die entsprechenden Nahrungsergänzungskuren der Tiere zugeordnet wurden, übernimmt nun die künstliche Intelligenz den Abgleich. „Das schafft nicht nur eine enorme Zeitersparnis, sondern lässt auch völlig neue Rückschlüsse zu, da die KI auch neue Verbindungen zwischen den Datensets erkennt“, erklärt Ratheiser. „Was das Unternehmen mit Hilfe von künstlicher Intelligenz hier an Erkenntnissen zum Vorschein gebracht hat, grenzt an Magie“, betont Aniveri-Mitgründerin Michaela Hösele. „Wir können dadurch beispielsweise toxische Belastungen – wie einen zu hohen Aluminiumgehalt im Tier – zurückverfolgen und mögliche Ursachen dafür benennen. Das war bislang unmöglich. Die KI lässt auch neue Rückschlüsse über die geografische Umwelt zu, in der die Vierbeiner leben“, erklärt die Aniveri-Mitgründerin. Der Vorteil: Schädliche Umgebungen könnten auf diese Weise künftig zielgerichtet reduziert werden, sagt Hösele. „Unsere Zielsetzung ist nun, sämtliche Analysen bis Ende des Jahres vollständig auf Basis von künstlicher Intelligenz zu automatisieren“, so die Aniveri-Verantwortliche. Für Ratheiser ist die Technologie dabei „nur ein Teil der Lösung“. Denn: Um eine derartige Veränderung des Geschäftsmodells zu realisieren, „bedarf es auch einer agilen Arbeitsweise. Wir folgen dabei in kurzen Iterationen einem Kreislauf aus Datenmanagement, Machine Learning, Entwicklung und Umsetzung. Dadurch können wir bestehende Geschäftsmodelle disruptieren und in kürzester Zeit gänzlich verändern.“

Branchenübergreifende Lösungen

Dass künstliche Intelligenz branchenübergreifend zum „Gamechanger“ avancieren kann, zeigen die anderen Fallbeispiele im Zuge des „Hackathon“. Für die Universität Graz wurde etwa in 72 Stunden ein Prototyp entwickelt, der auf Parameter wie Auslastung und Anzahl der Studierenden eine ressourcenoptimierte und intelligente Raum- und Hörsaalbelegung erzielt hat. Für den Wiener Lebensmittentwickler go2market wurde eine Applikation erstellt, die den potenziellen Erfolg eines neuartigen Nahrungsmittels prognostiziert. „Um Produkte erfolgreich am Markt zu positionieren, bedarf es bekanntermaßen einer Vielzahl an Faktoren. Diese simulieren wir auf Basis künstlicher Intelligenz und kürzen so den langwierigen Vorbereitungs- und Konfigurationsprozess ab. Ergebnis ist letztlich eine Wahrscheinlichkeit, die den Markterfolg des neuen Lebensmittels prognostiziert“, vereinfacht Ratheiser. Die Vorteile liegen auf der Hand: Weniger erfolgsversprechende Vorhaben können – gleichermaßen wie die Kosten – reduziert werden. Für einen internationalen Konzern im Bereich Automatisierungstechnik wurde indes der IT-Support – zumindest in ersten Schritten – automatisiert: Mails werden dabei von der künstlichen Intelligenz ausgelesen, interpretiert und entsprechende Maßnahmen – wie Passwort-Resets – gesetzt.

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