„Die Kombination aus Software und Hardware ist der Reiz!“
DI Karl Hartinger erklärt, wie die HTBLA Kaindorf die Automatisierungstechnik sexy gemacht hat, warum seine Absolventen auf dem Arbeitsmarkt so gefragt sind und wieso er sich mehr Frauen in technischen Berufen wünscht.
Als die HTBLA Kaindorf Ende der 1980er-Jahre in der ländlichen Südsteiermark geplant wurde, ahnte noch niemand, wie Digitalisierung, Industrie 4.0 und IT-Boom die Branche revolutionieren würden. „Die Idee war, mit einer Schule auf der Achse Graz-Marburg sowohl Schüler aus der steirischen Landeshauptstadt, als auch aus dem benachbarten Slowenien anzulocken“, so Abteilungsvorstand Karl Hartinger. Da vor allem der slowenische Techniknachwuchs ausblieb, griffen die findigen Kaindorfer zu einem Kniff. „Die Fachrichtung Maschinenbau, die alle größeren Höheren Technischen Lehranstalten in Österreich anbieten, war einfach nicht sexy. Deshalb haben wir sie in unserer Schule Automatisierungstechnik genannt, und waren damit die ersten überhaupt.“ Ein Geistesblitz, der die HTBLA Kaindorf noch 25 Jahre später zu einem Vorreiter und Aushängeschild in der steirischen Technikausbildung macht.
Innovative Ausbildung mit ausgezeichneten Karrierechancen
Die Verbindung von Informationstechnologie und Technik in der Ausbildung erwies sich als Erfolgskonzept und etablierte den Begriff Automatisierungstechnik in der Steiermark nachhaltig. Mittlerweile belegen 400 der insgesamt 900 Schüler die Fachrichtung und wenn es nach dem Bedarf der heimischen Industrie geht, könnten es noch mehr sein. Hartinger: „Unabhängig von der wirtschaftlichen Lage haben unsere Absolventen ausgezeichnete Jobaussichten. Das führen wir unter anderem darauf zurück, dass wir mit der Wirtschaft gut vernetzt sind.“ So erarbeiten die Schüler im Rahmen von Diplomarbeiten Konzepte wie zum Beispiel die Automatisierung einer Honigabfüllung und setzen diese auch um. „Die Projekte nehmen aber keine Arbeitsplätze weg, sondern sind für die Unternehmer ‚nice-to-have‘“, betont Hartinger. Weiterer wichtiger Erfolgsgarant ist, dass Programmieren in den höheren Klassen ein Pflichtgegenstand ist. Diese Zusatzqualifikation wird von den Betrieben in Zeiten von Industrie 4.0 geschätzt. Aber auch an den heimischen Universitäten sind die Absolventen gern gesehen. Nicht immer zur Freude der heimischen Wirtschaft, die verzweifelt nach Fachkräften suche, wie Karl Hartinger anmerkt, der selbst an der FH CAMPUS 02 unterrichtet.
Automatisierungstechnik mit weiblichem Touch
Trotz allem hat die HTBLA Kaindorf aber auch mit einem weitverbreiteten Problem in der technischen Ausbildung zu kämpfen: der geringen Quote an weiblichen Nachwuchskräften. „Gute Bezahlung und beste Berufschancen genügen nicht, um Mädchen im großen Stil zur Wahl einer Karriere in der Automatisierungstechnik zu bewegen“, klagt Hartinger. Das sei schade, da sich ein höherer Frauenanteil in allen Bereichen der Ausbildung positiv auswirkt. Ein Patentrezept gegen diesen Trend hat die HTLBA Kaindorf noch nicht, aber es gibt Lösungsansätze: „Um Mädchen zu begeistern, müsste in der technischen Ausbildung mehr Fokus auf kreative Bereiche wie Industriedesign gelegt werden.“ Die Begeisterung für die Umsetzung solcher Ideen ist dem 62-Jährigen, der sich auch in seiner Freizeit Projekten aus der Automatisierungstechnik widmet, anzusehen: „Für mich macht die Kombination aus Software und Hardware den Reiz der Automatisierungstechnik aus. Das möchte ich an die steirischen Nachwuchsfachkräfte weitergeben.“