In der Krise Innovationen antreiben
Dass die aktuelle Lage den heimischen Betrieben zusetzt, ist kein Geheimnis. Herbert Ritter, Vizepräsident der WKO Steiermark und Vorsitzender der Plattform Automatisierungstechnik Steiermark, analysiert im Interview die aktuellen Entwicklungen. Und er verrät, warum er gerade jetzt Kooperationen empfiehlt und wie der Kompetenzatlas dabei hilft.
Herr Ritter, als Vizepräsident der WKO Steiermark sind Sie in ständigem Kontakt mit den Unternehmen – machen Sie sich Sorgen um die Automatisierungstechnik in unserem Land?
Die aktuelle Lage ist – wie übrigens in der gesamte Industrie – sehr unterschiedlich. Gewisse Bereiche wie die Logistik sind sehr gut ausgelastet, andere wiederum weniger.
An wen denken Sie hier besonders?
Gerade Sublieferanten sind besonders betroffen, weil die größeren Betriebe aktuell danach trachten, zuerst die eigene Auslastung wieder zu gewährleisten. Erst bei Vollbetrieb wird ausgelagert. Und auch der Automotivebereich hat es jetzt ganz schwer – das hat auch mit der aktuellen Diskussion rund um Elektromobilität zu tun.
Wie meinen Sie das?
Im Automativebereich wird zu 97 Prozent über Elektromobilität diskutiert, tatsächlich sind derzeit aber nur 2,5 bis 3 Prozent aller Autos auf der Straße Elektro- oder Hyprid-Fahrzeuge. Die Unsicherheit ist also sehr groß.
Sehen Sie Licht am Ende des Tunnels?
Ja natürlich, ich sehe positiv in die nahe Zukunft. Ab April oder Mai wird sich die Situation bei uns schon bessern, weil das Infektionsrisiko sinkt. Und dann wird auch das Geld, das die Leute bislang nicht ausgeben konnten, wieder auf den Markt kommen.
Was raten Sie Unternehmern jetzt?
Wenn es in Ihrem Betrieb ruhiger ist, nutzen Sie das als Chance, um nachhaltige Entwicklungen voranzutreiben. Ich engagiere mich gerade ganz stark dafür, dass es dazu umso schneller Anreize in Form von Förderungen gibt. Mein Appell also: Holen Sie Ihre bislang nicht umgesetzten Ideen aus den Schubläden und entwickeln Sie jetzt Lösungen, die das Leben in Zukunft einfacher und effizienter machen. Am besten funktioniert das mit Partnern in der Nähe.
Hier wurde mit dem Kompetenzatlas ein entsprechendes Hilfsinstrument entwickelt.
Ich bin sehr froh, dass dieser Know-how- Überblick entstanden ist. Der Kompetenzatlas zeigt, wo unsere Stärken sind und wo wir Handlungsbedarf haben. Wenn ich etwas Spezielles entwickeln will, sehe ich sofort, wer mir helfen kann. Genau durch dieses Zusammenarbeiten und Zusammentragen von Ressourcen wird eine neue Größe geschafft und es entstehen Innovationen.
Warum setzen Sie sich so stark für die Automatisierungstechnik ein?
Schauen Sie, vor 30 Jahren war die Automatisierungstechnik in der Steiermark fast noch nicht existent. Ich war schon damals ein großer Verfechter von Netzwerken und Teamarbeit und habe immer in Kooperationen gedacht. Durch die unterschiedlichen Herangehensweisen entstehen Synergien und Innovationen. Heute ist die Steiermark österreichweit die Nummer zwei in der Automatisierungstechnik.
Sie wurden damals für Ihre Initiativen nicht nur gelobt.
Das stimmt! Oft kam der Vorwurf, der Ritter sei der Steigbügelhalter für den Mitbewerb. Das stimmte aber nicht, weil jeder von uns seinen Platz hatte und wir miteinander gewachsen sind. Und eines möchte ich hier betonen: Unser Mitbewerb liegt nicht in Europa. Sondern es sind asiatische Länder, die zu ganz anderen Bedingungen produzieren können. Für uns ist es wichtig, gemeinsam aufzutreten, weil Österreich an sich schon klein ist.
Sie haben im Gespräch Anreize wie Förderungen angesprochen. Macht die Politik hier zu wenig?
Die Investitionsprämie in der Höhe von 7 bzw. 14 Prozent ist wichtig, hätte aber schon früher kommen sollen. Jahrelang wurde der Aufbau von Eigenkapital nicht unterstützt – das fällt uns jetzt auf den Kopf. Einige Unternehmen hoffen aktuell, dass Stundungen in verlorene Zuschüsse umgewandelt werden. Das wird aber nicht kommen.
Vielen Dank für das Gespräch!